Das Ziel eines jeden Online-Shops sollte sein, dem Kunden vom ersten Besuch des Shops bis zur Warenauslieferung einen reibungslosen und komfortablen Ablauf zu garantieren. Ist dies nicht der Fall, strafen die Kunden dies mit dem Kaufabbruch ab, die Konkurrenz ist schließlich nur einen Klick entfernt. Von vielen Branchenkennern oft thematisiert und dennoch von Online-Händlern häufig unterschätzt, ist die effiziente Gestaltung des Zahlungsprozesses.
Dieser ist ein Schlüsselfaktor, will man die Kaufabbruchrate im eigenen Shop möglichst gering halten. Es gilt das Vertrauen der Kunden zu erlangen, denn im Distanzhandel ist dieses seit jeher von besonders wichtiger Bedeutung.
Ebenso vertrauensbildend wirken Markennamen, so haben es Amazon, eBay & Co. leichter als weniger bekannte Händler. Als Möglichkeit, das Vertrauen der Kunden in die jeweiligen Online-Shops auch ohne großen Namen zu stärken, werden bisher besonders Gütesiegel und ein optimaler Payment-Mix als Instrumente zur Vertrauensbildung eingesetzt.
Der optimale Payment-Mix beschreibt eine Gratwanderung: Einerseits soll der Einsatz verschiedener Zahlarten verhindern, dass Kunden den Kauf vorzeitig abbrechen, und die Zahl der Bestellungen maximieren, andererseits sollen Zahlungsausfälle minimiert werden.
Als Leitlinie gilt kurz gesagt: Ehrliche Kunden nicht verschrecken, Betrüger nicht anlocken. Durch die effiziente Allokation der Zahlarten auf die Zielgruppen der Online-Shops kann diese Problemstellung gelöst werden.
Online-Shop: Kundenakzeptanz hängt von Zahlart und Bezahlvorgang ab
Ist der Warenkorb voll, geht es an den Bezahlvorgang. Doch der Online-Shop liefert die sorgsam ausgesuchte Ware ausschließlich gegen Vorkasse. Der E-Commerce Leitfaden hat Mitte 2008 genau dieses Szenario untersucht.
Das eindeutige Ergebnis: 79 Prozent der Befragten antworteten „Ich verlasse den Webshop und suche nach einem anderen Anbieter". Selbst wenn es sich um Artikel im Wert von nur 20 Euro handelt, würden 73 Prozent der Befragten den Shop verlassen.
Bieten Shops jedoch mehrere Zahlungsarten an, so können 100 Prozent der potentiellen Kunden gewonnen werden. Dies soll keinesfalls eine Empfehlung sein, blind alle möglichen Zahlarten im eigenen Shop zu adaptieren. Die Gefahr des möglichen Zahlungsausfalls und die Kosten der verschieden Zahlungsarten müssen im Hinblick auf die jeweiligen Zielgruppen einer individuellen Kosten-Nutzen-Kalkulation unterzogen werden.
Nicht für jeden Shop-Betreiber macht es Sinn, jegliche Zahlart anzubieten. Fakt ist, dass durch das Anbieten von mehreren Zahlungsarten die Umsatzchance erhöht wird und das Vertrauen der Kunden in den Online-Shop durch das Anbieten von Vorkasse als alleinige Zahlungsart signifikant geschwächt wird.
Determinanten des Zahlarten-Einsatzes
Neben der Kundenakzeptanz bestimmen die Kosten, ob ein Zahlungsverfahren für einen Online-Shop geeignet ist. Diese Kosten teilen sich in Handling- und Ausfallkosten auf. Beachtet man diese Kosten bei der Analyse alternativer Zahlungsverfahren, können auf den ersten Blick attraktive Alternativen - beispielsweise bei detaillierter Betrachtung der Handlingskosten - an Attraktivität einzubüßen.
So wird von vielen Händlern die Vorkasse zu Recht als sehr ausfallsicher eingestuft, doch werden die Handlingkosten oft unterschätzt. Die von den Kunden bestellte Ware muss reserviert bleiben, während der Händler auf die Überweisung wartet. Eingehende Zahlungen müssen in vielen Fällen per Hand mit der Bestellung abgeglichen werden, bevor schließlich die Lieferung erfolgen kann.
Unterschätzt wird auch, dass bei der Vorkasse Zahlungsausfälle auftreten können, wenn Kunden „per Nicht-Zahlung" von ihrem Kauf zurücktreten. Als Gegenbeispiel wird die Zahlung per Kreditkarte von vielen Händlern als teuer eingestuft. Hierbei sind die Handlingskosten, abgesehen von den fälligen Gebühren, jedoch geringer als bei Vorkasse. Zudem ist die Ausfallsicherheit sehr hoch, wenn diese beispielsweise mit Risikomaßnahmen wie 3-D Secure kombiniert werden.
Das von den Banken geforderte Disagio für ein Kreditkarten-Clearing beträgt je nach Umsatz und Risiko des Shops zwischen drei und fünf Prozent. Händler lassen sich von den Kosten abschrecken, doch die niedrige Zahlungsausfallwahrscheinlichkeit macht die Kreditkarte zu einem der sichersten Zahlungsarten überhaupt.
Online-Shop: Der Umgang mit Zahlungsausfällen
Laut einer Studie des Osnabrücker Inkassounternehmens Mediafinanz ziehen etwa sechs bis zehn Prozent aller Online-Einkäufe Zahlungsstörungen nach sich. Interessant für Shop-Betreiber ist die Abhängigkeit der Ausfallquote von den Produktkategorien: So ist die Elektronikbranche besonders häufig von Betrugsfällen betroffen, während Kategorien mit primär weiblicher Kundschaft, wie Mode und Kosmetik, eine geringere Ausfallquote haben.
Fast jede zehnte Rechnung wird in der Elektronikbranche nicht fristgerecht bezahlt. Insbesondere für kleine Unternehmen heißt dies, Zahlungsverfahren mit besonders hoher Betrugsrate (wie z.B. Lastschriftbestellung und Rechnung) bedacht einzusetzen. Eine intensive Auseinandersetzung mit dem Risikomanagement ist für Online-Shops seit jeher von Bedeutung.
Aufgrund der online zur Verfügung stehenden Daten kann durch die Erstellung von Nutzerprofilen das Risiko gut prognostiziert und signifikant eigeschränkt werden. Kundenprofile werden zwecks Verbesserung der Marketingmaßnahmen von nahezu jedem Online-Shop erstellt, doch nur wenige Unternehmen nutzen diese zur Verfügung stehenden Daten zur Erstellung von „Schuldnerprofilen".
Zahlarten, Bezahlsysteme, Zahlunsprozesse - Fazit
Den richtigen Payment-Mix für das eigene Unternehmen zu finden stellt eine ständige Gratwanderung dar. Welche Zahlungsverfahren Unternehmen einsetzen sollten ist abhängig von der eigenen Zielgruppe, Branche, Produktgruppe und von den mit den Zahlungsverfahren verbundenen Kosten.
Eine ständige Analyse des Zahlungsverhaltens der eigenen Kunden zwecks Risikomanagement hilft, die Trade-Off-Entscheidung zwischen den von Kunden beliebten und den für Händler sicheren Zahlungsverfahren zu treffen.
Um Zahlungsausfälle zu analysieren, sollten Online-Shops die durch den Online-Kauf zur Verfügung stehenden Daten sorgfältig nutzen: Sie können Profile potenzieller Schuldner erstellen und darauf basierend das Angebot der Zahlungsverfahren anpassen. Zur Sicherung des Zahlungseingangs ist alternativ eine häufig genutzte Lösung, dass risikoreiche Zahlungsverfahren kundenindividuell freigeschaltet werden - abhängig von der Anzahl der Einkäufe.
Erst treue Kunden kommen dann in den Genuss, Ware auf Rechnung oder per Lastschrift zu bestellen. In diesem Fall bleibt jedoch das Risiko bestehen, dass potenzielle Kunden erst gar nicht zu treuen Kunden werden.
Die Autoren: Adrian Hotz und Sonja Rodenkirchen. Sonja Rodenkirchen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am ECC Handel in Köln. Über Adrian Hotz erfahren Sie mehr in der untenstehenden Autoren-Info.
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